Menschenschauen in Dresden

Postkarte „Gruß von der Völkerwiese" mit Zeichnungen

Postkarte „Gruß von der Völkerwiese“, 1898, Stadtmuseum Dresden, SMD_Ph_2021_00343

Wie in vielen anderen europäischen Großstädten wurden in Dresden bereits im frühen 18. Jahrhundert Menschen öffentlich zur Schau gestellt. Sie sollten als Angehörige „fremder Völker“ oder aufgrund bestimmter körperlicher Merkmale die Schaulust des Publikums bedienen.

Der fürstliche Hof war ebenso Ort solcher Schauen wie später bürgerliche Salons, Jahrmärkte und Zirkusse. Menschenschauen waren ein Spektakel, das Unternehmer als Geschäftsmodell entdeckten. Ab den 1870er-Jahren fanden sogenannte „Völkerschauen“ im Dresdner Zoo statt. Damit konnten erstmals breite Bevölkerungsschichten Menschen anderer Kulturen erleben – in einer komplett inszenierten Show, die als „authentisch“ beworben wurde.

Was vor allem der Unterhaltung diente, wurde von den Menschenschau-Organisatoren als Bildungsprogramm angepriesen: Die Zuschauenden sollten durch die Anschauung der präsentierten „Völker“ mit der wissenschaftlich propagierten Rassenlehre vertraut werden. Tatsächlich popularisierten die Menschenschauen rassistische, sozialdarwinistische und ableistische Vorstellungen. Viele der über Menschenschauen verbreiteten Stereotype wirken bis heute nach.

Von den Teilnehmenden der Menschenschauen gibt es fast keine Selbstzeugnisse. Über die genauen Bedingungen ihrer Anwerbung, die Vertragsbedingungen und ihre Behandlung ist wenig bekannt. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass viele die Zurschaustellung als entwürdigend und belastend empfanden. Gleichzeitig wäre es verfehlt, die Darstellerinnen und Darsteller nur als Opfer zu sehen: Sie traten selbstbewusst auf, forderten ihre Rechte ein und nutzten die Reisen nach Europa für ihre Interessen. Einzelne Teilnehmende übernahmen selber die Organisation von Schaustellungen.

In Dresden hat das Thema Menschenschauen bislang wenig Beachtung gefunden. Das Stadtmuseum widmet sich nun erstmals dieser Lücke in der Erinnerungskultur der Stadt. Geplant sind ein Sammelband und eine Ausstellung. Wir freuen uns über jeden Kontakt, der Interesse am Thema hat.

Projekt „Menschenschauen in Dresden“
Kontakt:
Andrea Rudolph M. A.
andrea.rudolph(at)museen-dresden.de


Schwarz-weiß-Fotografie ener Völkerschau

Fotografie einer Völkerschau im Zoologischen Garten, um 1900, Stadtmuseum Dresden, SMD_Ph_2001_02600



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